Neuigkeiten der Bundesregierung Stand 2.6.16


Migration, Integration und Asyl – Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung

 

  • Die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion DIE LINKE„Ergänzende Informationen zur Asylstatistik für das erste Quartal 2016“ - hält eine Vielzahl interessanter Daten und Fakten bereit. So lag die bereinigte Gesamtschutzquote bei den in 1. Quartal 2016 abgeschlossenen Asylverfahren bei insgesamt 71 Prozent und damit - wie schon im 4. Quartal 2015 - extrem hoch. Neben Syrien (100 Prozent) erreichten die Länder Eritrea (99,3 Prozent) und Irak (95 Prozent) sowie Staatenlose (98,7 Prozent) sowie Flüchtlinge mit ungeklärter Staatsangehörigkeit (97,1 Prozent) bereinigte Gesamtschutzquoten von über 90 Prozent. Bei immerhin 73,4 Prozent lag sie bei iranischen und bei 63,7 Prozent bei afghanischen Flüchtlingen. Besonders interessant: Im Vergleich zum 4. Quartal 2015 fiel die bereinigte Gesamtschutzquote für marokkanische Flüchtlinge von 13.9 auf nur noch 2,1 Prozent und für algerische Flüchtlinge von immerhin 4,1 auf nur noch 1,9 Prozent. Die Entscheidungspraxis des BAMF hat also anscheinend den Gesetzgebungsplänen der Bundesregierung zur Einstufung von Tunesien, Algerien und Marokko als „sichere Herkunftsländer“ vorausgegriffen. Für Asylsuchende aus der Türkei – der „EU-Türkei-Deal“ lässt grüßen, fiel die bereinigte Gesamtschutzquote von 40,3 Prozent im 4. Quartal 2015 auf nur noch 14,5 Prozent im 1. Quartal 2016Weitere interessante Fakten: Die Dauer eines Asylverfahrens bis zur Entscheidung durch das BAMF betrug im 1. Quartal 2016 durchschnittlich 6,0 Monate und hat sich damit gegenüber dem 4. Quartal 2016 deutlich verlängert (5,1 Monate). Von überlangen Verfahrensdauern betroffen waren u.a. auch Flüchtlinge aus Ländern mit einer hohen Anerkennungschance (Afghanistan: 15 Monate, Eritrea: 11,7 Monate, Iran: 17,6 Monate). Die reale Dauer der Asylverfahren ist allerdings noch weitaus länger. So betrug die Wartezeit zwischen Antragstellung und Anhörung beim BAMF im 1. Quartal 2016 durchschnittlich 6,2 Monate und damit noch einmal 0,8 Monate länger als im 4. Quartal 2015. Ebenfalls stark angestiegen ist die Zahl von Asylverfahren, die bereits seit 12 und mehr Monaten anhängig sind. Zum 31.03.2016 waren insgesamt 96.655 Asylverfahren seit mehr als 12 Monaten anhängig (gegenüber 89.336 zum 31. Dezember 2015) – davon dauern 24.410 Verfahren sogar schon länger als zwei Jahre. In der Antwort der Bundesregierung finden sich weitere interessante Daten z.B. zur Zahl eingeleiteter (949) und zur „Erfolgsquote“ entschiedener Widerrufsverfahren (21 Widerrufe bei 590 Entscheidungen) sowie zu sog. Dublin-Entscheidungen und ihren Folgen im 1. Quartal 2016. 

 

  • Der zuvor kommentierten Antwort der Bundesregierung ebenfalls zu entnehmen ist, dass mit „Inkrafttreten des Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren am 17. März 2016 (…) das BAMF mit entsprechendem Erlass des Bundesministeriums des  Innern  (BMI)  gebeten  worden (ist),  sicherzustellen,  dass  bei  grundsätzlich  allen Asylsuchenden, die ab diesem Datum ihren Asylantrag stellen, vor der Entscheidung eine persönliche Anhörung erfolgt. Eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren ist seitdem für neue Asylanträge nicht mehr möglich. Dies betrifft syrische, eritreische und irakische Staatsangehörige, die vor dem 1. Januar 2016 eingereist sind und bisher keinen Asylantrag gestellt haben. Für ab dem 1. Januar 2016 eingereiste syrische, eritreische und irakische Staatsangehörige ist schon bisher eine persönliche Anhörung grundsätzlich erforderlich.“ Nachdem schriftliche Verfahren im 1. Quartal 2016 bei syrischen Flüchtlingen noch 92 Prozent aller Asylverfahren ausmachten (Irak: 69 Prozent, Eritrea 76 Prozent), wird dieser Anteil zukünftig drastisch absinken – mit der Folge, dass (a) die Verfahren länger dauern werden und (b) die Zahl der Asylsuchenden ansteigen wird, denen statt der Anerkennung als Flüchtling lediglich subsidiärer Schutz gewährt wird. Bereits im April 2016 stieg die Zahl von subsidiären Schutzentscheidungen bei Syrer/innen an:  Von den knapp 21.000 Entscheidungen, die zu syrischen Asylsuchenden getroffen wurden, bekamen knapp 3.500 Personen nur subsidiären Schutz zugesprochen – das entspricht einem Anteil von rund 16 Prozent. Insgesamt hat das BAMF im April 2016 bei 44.400 Entscheidungen in 4.116 Fällen (entspricht 9,3 Prozent) auf eine lediglich subsidiäre Schutzbedürftigkeit entschieden. Das sind mehr als doppelt so viele „subsidiär-Entscheidungen“ in einem Monat als im ganzen Jahr 2015. Im Jahr 2015 wurden nur 0,6 Prozent aller Asylsuchenden in Deutschland auf subsidiären Schutz verwiesen. Bei syrischen Flüchtlingen waren es sogar nur 0,1 Prozent. (Antwort Bundesregierung: http://kurzlink.de/Asylzahlen_April)

    In einem rechtspolitischen Papier vom 23. Mai 2016 - „BAMF-Entscheidungspraxis geändert: Für immer mehr Syrer/innen wird der Familiennachzug ausgesetzt“ - erläutert die Flüchtlingshilfsorganisation PRO ASYL die geänderte Entscheidungspraxis des BAMF und kritisiert sie als unvereinbar mit geltenden Recht und herrschender Rechtsprechung. Zudem beschreibt das Papier die  negativen Folgen der geänderten Entscheidungspraxis für die Betroffenen. (Rechtsgutachten:http://kurzlink.de/Pro_Asyl_subsidiaer)          

 

  • Das Bundeskabinett hat bei seiner Klausurtagung am 25. Mai 2015 auf Schloss Meseberg die „Meseberger Erklärung zur Integration“ verabschiedet. Ziel der Erklärung ist es laut Kanzleramtsminister Peter Altmaier, die bei der Klausurtagung beschlossenen Maßnahmen (insbesondere  den Entwurf für ein Integrationsgesetz) mit zuvor getroffenen integrationspolitischen Entscheidungen der Bundesregierung und mit dem schon am 22. April 2016 beschlossenen „Gemeinsamen Konzept von Bund und Ländern für die erfolgreiche Integration von Flüchtlingen“ (Bund-Länder-Papier: http://kurzlink.de/Konzept_Bund_Laender) zu verzahnen. Dadurch will man, so Altmaier weiter, den „Gesamtansatz der Bundesregierung zur Integrationspolitik öffentlichkeitswirksam (…) verdeutlichen“. (Meseberger Erklärung: http://kurzlink.de/Erklaerung_Meseberg)

 

  • Der bei der Klausurtagung in Meseberg vom Bundeskabinett beschlossene Entwurf des Integrationsgesetzes ist gegenüber dem Referentenentwurf vom 29. April 2016 (siehe Informationen von AK Asyl und Initiativausschuss vom 3. Mai 2016) weitgehend unverändert geblieben: Wohnsitzauflage auch für anerkannte Flüchtlinge, sozialrechtliche Sanktionen bei „Integrationsverweigerung“, Aussetzen der Vorrangprüfung bei Arbeitsplatzangeboten, längere Wartezeiten und höhere Hürden bei der Aufenthaltsverfestigung, Schaffung von „Ein-Euro-Jobs“ (auch in der gewerblichen Wirtschaft) für Leistungsbezieher/innen nach AsylblG.

    Leicht verändert wurden gegenüber dem Referentenentwurf lediglich (a) die geplante Regelung zur Wohnsitzauflage für anerkannte Flüchtlinge und (b) der Übergang in eine Niederlassungserlaubnis bei fortgesetzter Schutzbedürftigkeit. (Zu a): Personen, die einer Beschäftigung von mindestens 15 Stunden in der Woche oder einer Berufsausbildung nachgehen und den SGB II-Regelsatz verdienen, darf entgegen der ursprünglichen Planungen jetzt keine Wohnsitzauflage mehr auferlegt werden; (Zu b): bei weiter vorhandenem Schutzbedürfnis ist nach 5 Jahren  eine Daueraufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn der Lebensunterhalt überwiegend gesichert ist und hinreichende Deutschkenntnisse (A2) vorhanden sind. Nach 3 Jahren ist bei weiter vorhandenem Schutzbedürfnis eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn der Lebensunterhalt "weit überwiegend" gesichert ist und die deutsche Sprach "beherrscht" wird. (Entwurf des Integrationsgesetzes: http://kurzlink.de/Integrationsgesetz_E |Entwurf der Integrationsverordnung:http://kurzlink.de/IntG_Verord_E)

    Der Zeitplan der Bundesregierung zur Verabschiedung des Gesetzes sieht die 1. Lesung im Bundestag am Freitag, den 3. Juni 2016 vor. Die 2. und 3. Lesung im Bundestag soll dann am 6. und 7. Juli 2016 erfolgen und der Bundesrat schließlich am 8. Juli 2016 „den Deckel auf das Integrationsgesetz machen.“  Die (den Regierungsparteien wie zuletzt so oft offenbar lästige) Sachverständigenanhörung im Innenausschuss des Bundestages findet aller Voraussicht nach am 4. Juli 2016 statt.

    In einem „Brandbrief“ haben sich PRO ASYL, der Paritätische Wohlfahrtsverband, die Diakonie Deutschland und der Rat für Migration an die Bundesminister/innen De Maizière, Maas und Nahles gewandt und darum gebeten, von zentralen Regelungen im dem sogenannten „Integrationsgesetz“ wieder Abstand zu nehmen: „Sie sind (…) in großer Sorge, dass bestimmte geplante Regelungen, wie insbesondere die Einschränkungen bei der Aufenthaltsverfestigung, die Wohnsitzzuweisung sowie die Leistungskürzungen im Rahmen des Asylbewerberleistungsgesetzes die Partizipation und Teilhabe der Schutzsuchenden an unserer Gesellschaft (…) verhindern werden und darüber hinaus mit geltendem Flüchtlings- und Europarecht nicht im Einklang stehen. Darüber hinaus vermittelt der von Sanktionsmöglichkeiten und Verschärfungen geprägte Gesetzesentwurf den Eindruck fehlender Integrationsbereitschaft der Geflüchteten und droht damit, sich negativ auf die Willkommens- und Aufnahmebereitschaft in der Bevölkerung auszuwirken, die nach wie vor von einer großen Welle der Hilfsbereitschaft gekennzeichnet ist. Gleiches gilt für die aus unserer Sicht falsche Unterscheidung in Menschen mit oder ohne Bleibeperspektive.“ („Brandbrief“:http://kurzlink.de/Brand_brief). Stellungnahmenzu dem Vorhaben eines Integrationsgesetzes haben u.a. Pro Asyl (http://kurzlink.de/Pro_Asyl_IntGes), die Diakonie Deutschland (http://kurzlink.de/Diakonie_IntGes) und der Deutsche Gewerkschaftsbund (http://kurzlink.de/DGB_IntGes) abgegeben. 
  • Die Zahl der geduldeten Ausländer in Deutschland hat sich innerhalb von zweieinhalb Jahren fast verdoppelt. Sie stieg von Juni 2013 bis Januar dieses Jahres von knapp 89.000 auf rund 160.000 Personen. das geht aus Daten des Ausländerzentralregisters hervor, die der Tageszeitung „Rheinische Post“ vorliegen. Allein seit Januar 2015 erhielten demnach mehr als 46.000 abgelehnte Asylbewerber/innen den Duldungsstatus, weil eine Rückkehr in ihr Herkunftsland z.B. wegen eines Abschiebestopps, einer Krankheit, Gefahr für Leib und Leben, ungeklärter Identität, fehlender Dokumente oder mangelnder Rückübernahmebereitschaft nicht möglich war. Ihr Zugang zum Arbeitsmarkt und zu Sozialleistungen ist eingeschränkt. Der Leiter des BAMF, Frank-Jürgen Weise hat die Bundesregierung in der „Rheinischen Post“ angesichts der stark gestiegenen Duldungszahlen zu Konsequenzen aufgefordert. "Es geht nicht, dass Geduldete sechs oder zehn Jahre in Deutschland sind, ohne etwas arbeiten oder lernen zu dürfen", sagte Weise. Diese Menschen müssten eine Perspektive erhalten. Weise plädierte für eine Stichtagsregelung: "Wer vor einem bestimmten Stichtag hier gewesen ist, darf bleiben". (Die Zeit: http://kurzlink.de/Stichtag_Geduldete)

 

  • Um die Übersetzung der Asylanhörungen im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge geht es in der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen„Qualitätssicherung bei der Übersetzung der Asylanhörungen im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge“. Wie die Regierung darin erklärt, standen dem BAMF mit Stand vom 30. April dieses Jahres 3.101 Dolmetscher/innen zur Verfügung. Insgesamt gibt es laut Bundesregierung Dolmetscher/innen für 472 verschiedene Sprachen und Dialekte. Auf die Frage, bei welchen Sprachen Kapazitätsprobleme bestehen, nennt die Regierung Arabisch, Kurdisch, Persisch (Dari/Farsi), Paschto und Tigrinya als "die wichtigsten Sprachen, bei denen Herausforderungen hinsichtlich der zur Verfügung stehenden Dolmetscherkapazitäten bestehen". (Antwort Bundesregierung: http://kurzlink.de/BAMF_Dolmetscher)

    In einer Pressemitteilung vom 20. Mai 2016analysiert PRO ASYL die Antwort der Bundesregierung umfassend und spricht im Ergebnis von einem Abgrund an Dilettantismus, was den Einsatz von Dolmetscherinnen und Dolmetschern beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) betrifft. Es gibt keine klaren fachlichen Kriterien, welche Qualifikationen diejenigen haben müssen, die in Hunderttausenden von Asylverfahren bei der Anhörung Asylsuchender dolmetschen.“Praktische jede/r könne als Dolmetscher/in eingesetzt werden, der/die dem BAMF als - Zitat aus der Antwort der Bundesregierung - „persönlich zuverlässig und sprachlich geeignet“ scheine. Gesonderte Sprachprüfungen gebe es nicht. Besonders absurd sei laut PRO ASYL, dass das BAMF laut Antwort der Bundesregierung die sprachliche Eignung von Dolmetscher/innen behelfsweise - weiteres Zitat aus der Antwort der Bundesregierung - „im Rahmen der Honorarvereinbarung und der ersten Einsätze vor Ort“ prüft. (Pressemitteilung: http://kurzlink.de/PRO_ASYL-Dolmetscher)  

 

  • Im vergangenen Jahr sind laut Bundesregierung insgesamt 283.404 Teilnahmeberechtigungen für Integrationskurse erteilt worden. Davon waren 154.552 Teilnahmeberechtigungen mit freiwilliger Teilnahmemöglichkeit, während 128.852 Teilnahmeberechtigungen eine Teilnahmeverpflichtung darstellten, wie die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion DIE LINKE - „Vermeintliche Integrationsverweigerung als Begründung für die Debatte um die Gesetzesverschärfung“ - darlegt. Danach haben im Jahr 2015 insgesamt 179.398 Personen einen Integrationskurs begonnen. Davon nahmen den Angaben zufolge 101.668 freiwillig an einem Kurs teil, während 77.730 zur Teilnahme verpflichtet worden waren. Wie die Regierung ferner ausführt, werden im laufenden Jahr bis zu rund 550.000 neue Teilnehmer in den Integrationskursen erwartet. Hinweis: Im April 2016 bezifferte der Leiter des BAMF, Frank-Jürgen Weise, den Integrationskursbedarf im Jahr 2016 auf „nur“ 500.000 Plätze und sah schon vor diesem Hintergrund eine „Angebotslücke“ von etwa 200.000 Kursplätzen. (Antwort Bundesregierung: http://kurzlink.de/Anfrage_Int_kurse)  

 

  • In Abwesenheit u.a. der Bundeskanzlerin und des Bundesaußenministers hat der Deutsche Bundestag bei einer Gegenstimme und einer Enthaltung den Antrag „Erinnerung und Gedenken an den Völkermord an den Armeniern und anderen christlichen Minderheiten in den Jahren 1915 und 1916“ beschlossen. Darin fordern die Abgeordneten des Bundestages  die Bundesregierung u.a. dazu auf, „die türkische Seite zu ermutigen, sich mit den damaligen Vertreibungen und Massakern offen auseinanderzusetzen, um damit den notwendigen Grundstein zu einer Versöhnung mit dem armenischen Volk zu legen.“  (Beschluss des Bundestages: http://kurzlink.de/Armenien_Res) Aktuell: Die türkische Regierung hat unmittelbar nach der Beschlussfassung des Bundestages ihren Botschafter aus Berlin zurückbeordert.

 

  • ·         Die Bundesregierung beobachtet im Zuge des Vorgehens türkischer Behörden gegen Anhänger der Gülen-Bewegung „zunehmende Einschnitte in Rechtsstaatlichkeit sowie Presse- und Meinungsfreiheit in der Türkei“. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion DIE LINKE - „Haltung der Bundesregierung zur Gülen-Bewegung“ - hervor. Auch der Fortschrittsbericht der Europäischen Kommission vom 10. November 2015 gehe auf die von der türkischen Regierung gegen die Gülen-Bewegung ergriffenen Maßnahmen mit kritischem Tenor ein, heißt es in der Antwort weiter: „Die Bundesregierung teilt diese Einschätzung und sieht diese Entwicklungen nicht im Einklang mit Standards der Europäischen Union.“ (Antwort Bundesregierung: http://kurzlink.de/Guelen-Anfrage)

 

  • Die Bundesregierung sieht das EU-Türkei-Abkommen im Einklang mit dem EU-Recht und dem internationalen Verpflichtungen zum Flüchtlingsschutz. „Die EU-Türkei-Erklärung stellt ausdrücklich fest, dass bei der Umsetzung das EU-Recht und das Völkerrecht uneingeschränkt gewahrt werden“, heißt es in einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion DIE LINKE  - „EU-Türkei-Abkommen zur Migrationsbekämpfung“. Allen Migrant/innen - so die Bundesregierung weiter - werde Schutz nach den einschlägigen internationalen Standards und in Bezug auf den Grundsatz der Nicht-Zurückweisung zugesichert. Die Türkei habe wie die EU-Mitgliedstaaten die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) und alle maßgeblichen völkerrechtlichen Abkommen ratifiziert; die Genfer Flüchtlingskonvention habe das Land mit einem Regionalvorbehalt ratifiziert. Explizit sei in der EU-Türkei-Erklärung zudem jegliche Art von Kollektivausweisung ausgeschlossen. Darüber hinaus habe die türkische Regierung die Einhaltung dieser Schutzstandards für syrische und nicht-syrische Flüchtlinge schriftlich zugesichert. Im „Kleingedruckten“ der Antwort tauchen allerdings viele Fragen auf, die Zweifel an dieser Lesart zulassen: So erwidert die Bundesregierung die Frage nach der von amnesty international Ende April beklagten massenweisen illegalen Abschiebungen syrischer Flüchtlinge zurück in das Bürgerkriegsland (Amnesty-Bericht: http://kurzlink.de/amnesty_Tue_Syrien)mit der lapidaren Hinweis, dass „nach Angaben der türkischen Regierung (…) seit Beginn des Jahres 2016 vermehrt freiwillige Rückführungen aus der Türkei nach Syrien stattgefunden“ hätten. Der Antwort auf eine weitere Frage ist zu entnehmen, dass die Anerkennungsquote afghanischer Flüchtlinge, die in der Türkei nach Syrern die größte Gruppe darstellen, bei lediglich 3,3 Prozent liegt. Auch die Anerkennungsquoten für iranische (23,7 Prozent), irakische (20,7 Prozent) und somalische (57,1 Prozent) Flüchtlinge liegen deutlich unter den bundesdeutschen Werten. (Antwort Bundesregierung: http://kurzlink.de/Anfrage_Tue_EU)

    In einer umfangreichen Dokumentation mit dem Titel „Der EU-Türkei-Deal und seine Folgen“ kommt PRO ASYL im Hinblick auf den Türkei-EU-Deal zu einem völlig anderen Ergebnis als die Bundesregierung. Auszug aus der Zusammenfassung: „Unsere Dokumentation zeigt: Die ersten Auswirkungen übersteigen unsere schlimmsten Befürchtungen. In die Türkei Zurückgeschobene werden inhaftiert. Die Möglichkeit, Asylanträge zu stellen, gibt es faktisch nicht. Die Inhaftierten werden gezwungen, ihre Zustimmung zur freiwilligen Ausreise zu erklären. Ansonsten droht ihnen monatelange Haft.“ Angesichts der „fatalen Folgen des Deals“ fordert PRO ASYL die Aussetzung des EU-Türkei-Abkommens. (Dokumentation: http://kurzlink.de/ProAsyl_Tue_EU)

 

Migration, Integration und Asyl – Daten, Fakten, Stellungnahmen und Materialien

 

  • Schon mindestens 2.510 bei der Fahrt über das Mittelmeer verschwundene oder ums Leben gekommene Flüchtlinge zählen UNHCR und IOM seit Januar 2016. Zum Vergleich: Im gesamten Jahr 2015 verzeichnete beide Organisationen etwa 3.800 tote oder verschwundene Mittelmeerflüchtlinge. Die hohe Zahl ist auch das Ergebnis der Umleitung der Fluchtwege durch die Schließung der Balkan-Route und den Türkei-EU-Deal. Vom 1. April bis Ende Mai 2016 erreichten nur noch 4.912 Flüchtlinge Griechenland (April/Mai 2015: 31.445) über den kurzen Seeweg von der Türkei, aber 29.033 Flüchtlinge Italien (April/Mai 2015: 37.298) über den langen Seeweg von Nordafrika aus. (UNHCR-Zahlen: http://kurzlink.de/UNHCR)          

 

  • Die Situation von Flüchtlingen in den griechischen Hotspots dokumentiert Human Rights Watch (HRW) in einem aktuellen englischsprachigen Bericht. Unter dem Titel „Greece: Refugee ‚Hotspots‘; Unsafe, Unsanitary - Women, Children Fearful, Unprotected; Lack Basic Shelter“ beschreibt die Menschenrechtsorganisation die aktuelle Lage als chaotisch und gefährlich, insbesondere für Frauen und Kinder. Bei Auseinandersetzungen in den Haftlagern ziehe sich die Polizei immer häufiger zurück. Unter diesen chaotischen Verhältnissen sei die körperliche Integrität der Schutzsuchenden nicht mehr gewährleistet. Der Bericht liegt auch in französischer, türkischer und griechischer Sprache vor. (HRW-Bericht: http://kurzlink.de/HRW_zu_GR)

 

  • Der Informationsverbund Asyl & Migration e.V. hat in seiner Reihe „Basisinformationen für die Beratungspraxis“ ein Heft mit dem Titel  „Die Rechte und Pflichten von Asylsuchenden – Aufenthalt, soziale Rechte und Arbeitsmarktzugang während des Asylverfahrens“ herausgegeben. Es handelt sich um grundlegende Informationen mit Fallbeispielen und konkreten Hinweisen für die Praxis, von der Rechtsstellung, über Unterbringungsfragen bis zu Leistungen im Rahmen des Asylbewerberleistungsgesetzes. Es geht um Ausbildungs- und Arbeitsmarktzugang, Kinderbetreuung, Schulbildung und Studium, die Probleme der Familienzusammenführung, unbegleitete Minderjährige und besonders schutzbedürftige Gruppen. (Basisinformationen: http://kurzlink.de/IVA_Basis)

 

  • Die hohe Zahl an Flüchtlingen seit dem vergangenen Sommer hatte eine „deutlich und überdurchschnittlich anziehende Beschäftigung“ in Deutschland zur Folge. Nach einer aktuellen Untersuchung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) - „Effekte der Flüchtlingsversorgung auf den Arbeitskräftebedarf in einzelnen Berufen” - sind schon jetzt Stellen in einer Größenordnung von mehreren Zehntausend entstanden. So seien etwa im Innenausbau und Hochbau, in der Gebäude- und Versorgungstechnik, bei außerschulischen Lehrtätigkeiten und Sprachlehrer/innen, Wachleuten, Sozialarbeiter/innen und in der öffentlichen Verwaltung starke Zuwächse zu verzeichnen. Bei Sprachlehrer/innen etwa gab es laut IAB im Januar etwa eine Steigerung um 27 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, in der Haus- und Familienpflege um 17 Prozent und bei Wachleuten um 10 Prozent. (IAB-Untersuchung: http://kurzlink.de/IAB_Stellenzuwachs)

 

  • Die Teilnahme am Arbeitsmarkt stellt einen der wichtigsten Aspekte der Integration dar. Um eine gezielte Einschätzung der Potenziale, aber auch der Bedarfe und entsprechende Planungen für Fördermaßnahmen vornehmen zu können, sind Hintergrundinformationen über das Qualifikationsniveau der Asylbewerber/innen in Deutschland von großer Bedeutung. In einer Kurzanalyse „Sozialstruktur, Qualifikationsniveau und Berufstätigkeit von Asylantragstellenden“ hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge deshalb auf der Grundlage freiwilliger Selbstauskünfte von Asylsuchenden bei der Asylantragstellung  entsprechende Daten ausgewertet. Die Analyse liefert Erkenntnisse über die Sozialstruktur (Geschlecht, Alter, Familienstand, Muttersprache), die Schulbildung sowie über den zuletzt ausgeübten Beruf und die Sprachkenntnisse von volljährigen Asylerstantragsstellenden. U.a. geben 18 Prozent der befragten Asylerstantragsteller/innen an, als höchste Bildungseinrichtung eine Hochschule besucht zu haben. 20 Prozent waren demnach zuletzt auf einem Gymnasium, 32 Prozent auf einer Mittelschule, 22  Prozent auf einer Grundschule und 7 Prozent haben keine formelle Schulbildung. (Kurzanalyse: http://kurzlink.de/BAMF_SoKO)

 

  • „Abgewiesen. Weitergeschickt. Vertröstet. Verloren im deutschen Gesundheitssystem“ ist der Titel eines Versorgungsberichtes zur Situation von Geflüchteten in den Bundesländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, den die Bundesweite Arbeitsgemeinschaft der psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer (BAfF e.V.) herausgegeben hat. Es geht um Versorgungsbedarfe, Versorgungsbedingungen im Bereich der Gesundheitsversorgung unter besonderer Berücksichtigung der Lebensbedingungen und der Versorgungssituation in Ostdeutschland sowie die entsprechenden Defizite. (Versorgungsbericht: http://kurzlink.de/Psycho_Soz_Ost)

 

  • Die Bundeszentrale für politische Bildung hat ihr Onlineangebot um ein Kurzdossier zum Thema „Zivilgesellschaftliches Engagement in der Migrationsgesellschaft“ erweitert. Aus der Ankündigung: „In der Migrationsgesellschaft werden Zugehörigkeiten, Anerkennungs- und Teilhabefragen fortwährend neu ausgehandelt. ‚Wie wollen und wie können wir zusammenleben?‘, lautet dabei eine der Leitfragen gesellschaftlicher Aushandlungsprozesse, über die sich die in einer demokratischen Migrationsgesellschaft lebenden Menschen immer wieder neu verständigen müssen. Zivilgesellschaftliche Akteure spielen in diesen Aushandlungsprozessen eine wesentliche Rolle.“ (Kurzdossier: http://kurzlink.de/Zivges_Engag)

 

  • Unter dem Titel „Asylpolitik: Wie gehen andere europäische Länder mit Flüchtlingen um?“ skizziert der Mediendienst Integration die aktuelle asylpolitische Situation und aktuelle Entwicklungen der Asylpolitik in sechs europäischen Ländern (Ungarn, Schweden, Italien, Österreich, Frankreich, Schweiz). Fazit: Fast überall geht es massiv in Richtung Ausgrenzung, Abschottung und Verschärfung. (Zusammenstellung: http://kurzlink.de/Asyl_Europa)

 

  • Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat eine neue App entwickelt, mit der sich Flüchtlinge über Möglichkeiten zur Anerkennung ihrer ausländischen Berufsqualifikationen informieren können. Sie ist in fünf wichtigen Herkunftssprachen von Geflüchteten (Arabisch, Dari, Farsi, Tigrinya und Pashto) sowie auf Deutsch und Englisch verfügbar. Die App erklärt in einfacher Sprache das Anerkennungsverfahren und verlinkt zu Informations- und Beratungsangeboten. Dazu werden unter anderem die nächstgelegenen Beratungsstellen des IQ-Netzwerks angezeigt. Ein Antrag auf Anerkennung einer ausländischen Berufsqualifikation ist unabhängig vom Aufenthaltsstatus – also auch während des laufenden Asylverfahrens möglich. (Infos und App-Download: http://kurzlink.de/Annerkennung_App)

 

 

 

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Letzte Änderung:
2016-06-02 17:54
Verfasser:
Markus Fabian
Revision:
1.1
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